Rufmord im Internet – Mehr Rechte für Geschädigte

Beleidigung, Verleumdung und Rufschädigung im Internet bekämpfen ist noch immer eine Sisyphusarbeit. Die juristischen Mühlen mahlen besonders im grenzüberschreitenden Internetverkehr langsam – wenn überhaupt.

 

Dies könnte sich durch Entscheidungen bessern, die jetzt vom Bundesgerichtshof (BGH) und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verkündet worden sind.

 

Klage am Gericht des Wohnsitzes möglich

 

Der Bundesgerichtshof hat in dem Urteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 93/10 zeitgleich mit dem EuGH (Urteile vom 25.10.2011 – C-509/09; C-161/10) die Zuständigkeit der deutschen Gerichte auch dann bestätigt, wenn der Hostprovider, also das Unternehmen, welches die technische Infrastruktur (Server) für das Blog bereitstellt, seinen Hauptsitz oder die technische Infrastruktur nicht in Deutschland hat. Ebenso hat der BGH die Anwendung deutschen Rechts gebilligt.

 

Der EuGH geht bei der Frage der internationalen Gerichtszuständigkeit noch einen Schritt weiter und lässt Klagen vor den Gerichten des Mitgliedsstaats zu, in dem der Geschädigte „den Mittelpunkt seiner Interessen“ hat. Dies ist zwar im Normalfall der Wohnsitz des Geschädigten, kann aber auch der Mittelpunkt beruflicher Tätigkeit in einem anderen Staat sein. Das unter diesem Gesichtspunkt angerufene Gericht kann nach diesen Entscheidungen der Luxemburger Richter über den gesamten Schaden urteilen, der im Gebiet der Europäischen Union entstanden ist. Der Geschädigte muss also nicht in jedem Mitgliedsstaat erneut klagen.

 

Hostprovider zur Löschung verpflichtet

 

Die Entscheidung des BGH konkretisiert außerdem das Verfahren, nach welchem ein Geschädigter gegen den Hostprovider (z.B. Bloghoster) vorgehen kann, um die Löschung eines beleidigenden oder rufschädigenden Eintrags zu erwirken.

 

So legt der BGH Wert darauf, dass bereits in der ersten Mitteilung an den Hostprovider der Rechtsverstoß so konkret dargestellt wird, dass „der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer – das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung – bejaht werden kann.“

 

Auf diese Mitteilung hin ist der Hostprovider jedoch nicht verpflichtet, sofort zu löschen, sondern soll zunächst die Gegenseite, also den Autor des Eintrags, anhören. Wenn binnen angemessener Frist keine rechtserhebliche, substantiierte Erwiderung erfolgt, ist der Hostprovider zur Löschung verpflichtet. Erwidert jedoch der Autor und bringt konkrete Argumente für die Rechtmäßigkeit seines Beitrags vor, kann der Hostprovider wiederum beim Geschädigten Nachweise verlangen, bevor er eine Entscheidung über die Löschung treffen muss.

 

Fazit: Vereinfachung für alle Beteiligten?

 

Die besprochenen Entscheidungen stimmen vorsichtig optimistisch. Die Entscheidung des BGH liegt bisher nicht im Volltext, sondern nur als Pressemitteilung vor, und ist deswegen noch mit Vorsicht zu genießen.

 

Die Vereinfachung dieser komplexen Materie dürfte jedoch allerseits mit Wohlwollen aufgenommen worden sein. Die höchstrichterliche Bestätigung der deutschen Gerichtszuständigkeit und sogar Anwendbarkeit deutschen Rechts vereinfacht die Rechtsdurchsetzung gerade dann, wenn die verletzende Webseite im Ausland betrieben bzw. gehostet wird – jedenfalls solange noch ein verantwortlicher Betreiber oder Hostprovider in einem Staat greifbar ist, mit dem ein Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von zivilgerichtlichen Entscheidungen besteht.

 

Aber auch für die Hostprovider bessert sich die Lage etwas. Die Provider saßen bisher in der tragischen Rolle fest, sich im Fall der unberechtigten Löschung Ersatzansprüchen des eigenen Kunden auszusetzen und gleichzeitig bei nicht rechtzeitiger Löschung Unterlassungs- und Schadensersatzforderungen des Geschädigten zu riskieren. Mit der konkreten Vorgabe eines Verfahrensablaufs gibt der BGH den Hostprovidern die Möglichkeit an die Hand, Vorwürfe von Beleidigung, Rufschädigung und Verleumdung eingehender zu prüfen, ohne sich der Gefahr einer Schadensersatzhaftung auszusetzen.

 

Aus Sicht der Geschädigten ist daher zu hoffen, dass durch eine gute Vorbereitung der Mitteilung an den Hostprovider und deren höherer Prüfungsintensität einige zeit- und kostenintensive Gerichtsverfahren vermieden werden können.

 

GABOR Rechtsanwälte unterstützen sie beim Schutz ihres guten Rufes im Internet – ob privat oder geschäftlich. Die Kanzlei betreut unter anderem einen Fall von Rufschädigung gegen Google Inc., über den auch unter spiegel.de berichtet wurde. Dieser Fall liegt mittlerweile beim BGH in Karlsruhe.

 

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