HAFTUNG: SCHLIMME LÜCKE IN DER D&O-VERSICHERUNG

Von Roger Gabor

 

D&O-Versicherungen sind in einem ganz wesentlichen Schutzbereich faktisch wertlos.

 

Die außerordentlich strenge Geschäftsführerhaftung wegen insolvenzrechtswidrig geleisteter Zahlungen nach Eintritt der Krise („verbotene Zahlungen“) ist mit unkalkulierbaren Risiken für den Geschäftsführer einer GmbH verbunden. Das hat nun auch das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Urteil vom 20. Juli 2018 festgestellt. Danach ist ein Haftungsanspruch gegen den Geschäftsführer nach § 64 GmbHG nicht von der D&O-Versicherung gedeckt, weil kein deckungsfähiger Vermögensschaden der Gesellschaft eingetreten ist, sondern ein Schaden der Gläubigergesamtheit. Die D&O-Versicherung sei aber nicht auf den Schutz von Gläubigerinteressen ausgelegt.

 

Strenge Geschäftsführerhaftung

 

Das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) sagt in § 64 „Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung“:
Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Dies gilt nicht von Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind. Die gleiche Verpflichtung trifft die Geschäftsführer für Zahlungen an Gesellschafter, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, es sei denn, dies war auch bei Beachtung der Sorgfalt nicht erkennbar….

 

„Häusle“ nicht mehr sicher

 

Das übliche Verständnis einer D&O-Versicherung war bisher, dass es sich um eine Haftpflichtversicherung für die Organe der Gesellschaft handelt, um diese bei einer behaupteten Inanspruchnahme zunächst von Abwehrkosten und im Falle der  Haftung von Schadenersatz freizustellen. Das Interesse am Abschluss einer D&O-Versicherung bestand für Geschäftsführer vorrangig in der Möglichkeit, ihre Haftung mit ihrem gesamten Privatvermögen abzusichern. Für Unternehmen bestand das vorrangige Interesse darin, über den Einkauf möglichst hoher Deckungssummen eine Art Bilanzschutz bei Schäden durch das Management aufzubauen. Nun wird aber immer klarer: Die außerordentlich strenge Geschäftsführerhaftung nach Eintritt einer Krise ist mit schwerwiegenden Problemen für den Geschäftsführer einer GmbH verbunden, die am Ende das sauer verdiente „Häusle“ kosten können.

 

Hierzu ein Beispiel (nach BGH, Urteil vom 27. März 2012, Aktenzeichen II ZR 171/10): Der Geschäftsführer beauftragte Anfang August einen Unternehmensberater mit der Prüfung der Vermögenslage der Gesellschaft. Der Unternehmensberater legte Anfang November ein Gutachten vor. Danach war die Gesellschaft seit Anfang September nicht mehr zahlungsfähig. Der BGH hat eine Haftung des Geschäftsführers nach § 64 GmbHG für alle seit Anfang September geleisteten Zahlungen angenommen.

 

Die Frage einer Geschäftsführerhaftung nach § 64 GmbHG betrifft naturgemäß vor allem auch die Geschäftsführer von Tochtergesellschaften (insbesondere bei Cash Pools oder anderen Upstream-Finanzierungen), falls einmal eine Krise eintreten sollte.

 

Mit dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf, das eine bereits erkennbare Tendenz in der Rechtsprechung bestätigt, ist die D&O-Versicherung in einem ganz wesentlichen Schutzbereich faktisch wertlos.

 

Nachtrag erforderlich

 

Die Empfehlung der Praxis lautet, sich bei bestehenden Verträgen vom Versicherer durch einen Nachtrag bestätigen zu lassen (und bei Neuverträgen darauf zu achten), dass auch Ansprüche nach § 64 GmbHG (oder §§ 93 Abs. (3) Nr. 6, 92 Abs. (2) AktG) als Vermögensschaden von einer Deckung erfasst werden. Ein solcher Nachtrag wurde von den Versicherern bisher in der Regel nicht abgelehnt.

 

Frei nach dem Motto „an den Regenschirm denken, auch wenn derzeit die Sonne scheint“ sollten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihre D&O-Versicherung lenken und dringend handeln. Als Fachanwalt für Versicherungsrecht auf D&O-Versicherungen spezialisiert helfen wir gerne.

 

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