HANDELN MIT GEBRAUCHSSOFTWARE – NEUES AUCH FÜR INSOLVENZVERWALTER

Wer sich beim Handel mit Gebrauchtsoftware auf eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts und damit auf einen rechtmäßigen Weiterverkauf berufen möchte, ist für diese Behauptung darlegungs- und beweisbelastet.

 

Der Fall: Eine Leasinggesellschaft erwirbt Software, hier ein Office-Paket. Urheber ist die Microsoft Corporation, ein internationaler Software- und Hardwarehersteller mit einem Umsatz von rund 94 Milliarden US-Dollar – der größte weltweit. Die Leasinggesellschaft räumt einer Anwaltskanzlei gegen Geld „Besitz“ an der gekauften Software ein. Diese installiert und arbeitet nun einige Zeit mit dem Paket. Jahre später wird konkret dieses Software-Stück bei einem anderen mittelständischen Unternehmer als gebraucht erworben installiert. Prompt (weshalb eigentlich?) bekommt der Mittelständler Post, erst per eMail vom Microsoft Enhanced Task Manager, dann von Microsoft-Anwälten und sieht sich durch die Blume als Raubkopierer konfrontiert. Zu Recht?

 

Antwort: Es kommt darauf an. Der Verkauf von Nutzungsrechten, ohne diese vorher selber erworben zu haben, ist jedenfalls rechtswidrig. Die Veräußerung von Gebrauchtsoftware ist erlaubt, aber…

 

Checkliste für Abnehmer gebrauchter Software

 

Die Rechtslage ist nach den jüngsten Urteilen des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 17.07.2013 – I ZR 129/08 – „UsedSoft II“) für Gebraucht-Softwarehändler hart, aber klar. Wer mit Gebrauchtsoftware handelt, muss sauber arbeiten und dokumentieren. Er hat zu den tatsächlichen Voraussetzungen, dass seine potentiellen Abnehmer gebrauchter Software als rechtmäßige Erwerber einer Programmkopie und damit als im Sinne des § 69d Abs. 1 UrhG zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks Berechtigte Gebrauch machen dürfen, im Einzelnen darzulegen, dass

 

  • durch den Rechtsinhaber eine Zustimmung zum Download der beworbenen Softwarelizenzen gegen Zahlung eines Entgelts erteilt wurde,
  • der Rechtsinhaber den Erwerbern ein Recht zur zeitlich unbegrenzten Nutzung der jeweiligen Programmkopie eingeräumt hat
  • die Nutzung von Updates der Software im jeweiligen konkreten Einzelfall von einem zwischen dem Rechtsinhaber und dem ursprünglichen Erwerber abgeschlossenen Wartungsvertrag gedeckt ist,
  • der Ersterwerber seine eigene Programmkopie zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs derartig unbrauchbar macht, dass auf seinem Server keine Vervielfältigung mehr erhalten bleibt, damit eine unzulässige Aufspaltung der Lizenzen ausgeschlossen ist, und
  • im jeweiligen Einzelfall sichergestellt ist, dass der Nacherwerber die Programmkopie nur in dem dem Ersterwerber vertraglich gestatteten – bestimmungsgemäßen – Umfang nutzen kann.

 

Diese Voraussetzungen müssen für einen rechtmäßigen Vertrieb von „gebrauchten“ Softwarelizenzen kumulativ vorliegen.

 

Einige verbliebene Unsicherheiten und Hürden hat der BGH mit seinem jüngsten Urteil „UsedSoft III“ (BGH 1. Zivilsenat, 11. Dezember 2014, Az: I ZR 8/13) ausgeräumt, indem er auch die Weiterveräußerung abgespaltener (Volumen-)Lizenzen zulässt. Kernaussage dieser Entscheidung: Nicht server-basierte (Volumen-)Lizenzen sind aufspaltbar, einzelne Kopien können weiterverkauft werden. Diese jüngst vom BGH abgesegnete „Abspaltbarkeit“ ist vor allem für Insolvenzverwalter willkommen, denn Lizenzen können jetzt an geänderte Verhältnisse angepasst werden, zum Beispiel durch Abtrennung von Firmenteilen.

 

Zum anderen können Lizenzen aus der Abspaltung wie eine Weitergabe in der Lizenzkette eines Vertriebssystems angesehen werden: die Weitergabe ist dann „insolvenzfest“.

 

Beweislast erfüllt durch Lizenz­-audits?

 

Dennoch lässt der BGH keine Zweifel aufkommen, dass er weiterhin hohe Anforderungen an die Beweisführung stellt. Notarielle Bestätigungen des Besitzers für das Unbrauchbarmachen der Software reichen zum Beispiel nicht. Vernichtungserklärungen der jeweiligen Veräußerer genügen nur in engen Ausnahmefällen. Es stellt sich die Frage, ob jetzt Abschlussberichte von Lizenz-­audits erforderlich werden, um dieser Beweislast nachzukommen? Lizenz-­audits wiederum eröffnet den Softwareherstellern einen weitreichenden Einblick in die IT-Systeme ihrer Software-Nutzer, was vor allem datenschutzrechtliche Probleme aufwirft. Abgesehen von erheblichen Kosten, die mit der Durchführung von Lizenz-audits verbunden sind.

 

Bei alledem: Stellt sich heraus, dass Erklärungen von Ersterwerbern und Veräußerer unzutreffend sind und die gebrauchte Software nicht übertragen werden durfte oder die von der Rechtsprechung formulierten Bedingungen nicht erfüllt sind, bleibt nur die teure Nachlizenzierung beim Hersteller und der Regress beim Gebrauchthändler – wenn dieser dann noch existiert.

 

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